Ein großer
Tag der Freude für mich
14-jährige Teenies und Hänsel&Gretel, wie geht das?
Ich spiele nun schon an die 15 Jahre Papiertheater. In all diesen Jahren hatte ich nun schon wirklich
Gäste jeder Altersstufe vor meinem Bühnchen. Anfänglich spielte ich zum großen
Teil fast ausschließlich für erwachsenes Publikum. Ja selbst zu den
Märchenstücken kamen in erster Linie Erwachsene, die mit großer Lust wieder in
die Kindheit versetzt werden wollten. Dabei bemerkte ich, dass sich Erwachsene sehr
gerne in das Reich der Phantasie holen lassen und mit großer Freude z.B. den
"Gestiefelten Kater" ansehen, oder beim "Mädchen mit den
Schwefelhölzchen" verschämt weinen. Eine ältere Dame hat einmal nach einer
Vorstellung der Herbergsuche "Jessasmariaundjosef" gerührt zu mir
gesagt, dass dies jetzt für sie Weinachten im wahrsten Sinne des Wortes war.
Eine ähnlich tolle Ansage habe ich oft nach dem LOHENGRIN FÜR EILIGE oder
TANNHÄUSER KURZ UND GUT gehört: "Endlich habe ich den Lohengrin
verstanden." oder "Danke für diese romantische
Wagner-Inszenierung!".
Danach durfte ich
erste Erfahrungen mit kleinen Kindern im MÖP Figurentheater machen. Dies war
neu für mich. Und ich habe sehr schnell den Kontakt zu diesen kleinen
Zuschauern gefunden, in dem ich mich vor den Vorstellungen bereits mit ihnen
"auf Augenhöhe" unterhalten habe und auch nach den Vorstellungen
ihnen den Wunsch erfüllte, selbst mit den Figuren zu spielen. Das ist ja
überhaupt das schönste und wichtigste für die Kinder (von 4 bis 100!).
Der Workshop "Von der Schuhschachtel zum
Papiertheater" brachte mich sehr rasch mit den 10 - 11 Jährigen in
Kontakt. Und ich entdeckte, dass trotz aller Fernseh- und Videopraxis die
Phantasie noch immer ansprechbar ist und diese kleinen Workshopteilnehmer durch
das Bauen der Bühne und der Figuren, beim anschließenden spielen von
HÄNSEL&GRETEL "voll in die Welt der Phantasie und des
Rollenspiels" hineinkippen. Wie angenehm war dies für mich zu entdecken.
Als ich einmal eingeladen wurde für eine Gruppe von
17-jährigen Gymnasiasten den FAUST IN KÜRZE zu spielen, war ich das erste Mal skeptisch, ob diese jungen Menschen - an
der Grenze zum Erwachsen werden - dieses "Papiertheater-Getue"
vielleicht lächerlich finden, oder sogar (bestenfalls) bei der Vorstellung
einschlafen. Nichts von all dem ist passiert. 15 Siebzehnjährige sind voll
mitgegangen, haben sogar da und dort mitgesummt und haben auch meine kleinen
"Augenzwinkereien" verstanden und mit Lachen honoriert. Die
Backstageführung dauerte nach dieser Vorstellung ca 1 Stunde. Beim Weggehen
wurde ich mit den Worten "Das ist voll cool, was Sie da machen!" .
Nun spiele ich ziemlich genau ein Jahr mit meiner
Bauchladenbühne heitere Stegreif-Versionen der Märchen "Hänsel&Gretel",
"Rotkäppchen", "Schneewittchen" und
"Dornröschen". Hier reichte das Publikum von 200 Erwachsenen anlässlich
der Eröffnung der Papiertheater-Ausstellung im Österr.Theatermuseum bis zum
Kindergeburtstag vor 4-Jährigen. Ich hatte immer glückliche Menschen vor mir!
Vor ein paar Tagen war ich wieder einmal skeptisch (wie
damals bei den 17-Jährigen!), als ich kurz vor der Vorstellung erfuhr, "Es
ist eine Klasse mit 14-Jährigen und die Buben können schon ein bisschen unruhig
sein!". Ich bin aber voll Zuversicht an die Sache herangegangen. Der
Vorteil des Stegreif-Spiels ist natürlich die Flexibilität mit Unvorhergesehenen
umzugehen und spontan auf Reaktionen des Publikums einzugehen. Diese Form des
Spiels erlaubt auch einen ständigen direkten Kontakt zu den Gästen zu halten.
Die Darstellung des Vaters in Hänsel&Gretel als Gelegenheitsarbeiter, der
täglich beim Baumarkt darauf warten muss von vorbeikommenden Menschen für eine
Hilfsarbeit engagiert zu werden, erweckt auch bei jungen Menschen Kenntnis und
allenfalls Verständnis für die Situation dieser Familie. Das Besprechen eines
allfälligen "Ablaufdatums" des Lebkuchenhauses bringt dieses in das
Verständnis der heutigen Zeit. Als die Hexe sich dann nach den Lieblingsspeisen
der Kinder (Zuschauer) erkundigt, bin ich voll im Dialog mit dem Publikum.
Dabei erfahre ich, dass Nu..lla-Palatschinken, Schnitzel, Gulasch, Schokokuchen
und Grießnockerlsuppe zu den Lieblingsspeisen der Kinder zählt!
Kurz: Es ist mir das Kunststück gelungen 3 Klassen
14-Jähriger abzuholen und zu mir in das Reich der Phantasie und des Spiels zu
bringen. Der Applaus dieses jungen Publikums war für mich der größte Lohn und
das schönste Geschenk. Vielleicht ist es mir auch gelungen, dass der eine oder
andere ein Zipfelchen dieser Phantasie
mitnehmen konnte.
Der Tag, an dem mir dieses Kunststück gelungen ist,
wird für lange Zeit in meiner Erinnerung
bleiben. Seit dem weiß ich, dass Papiertheater (Figurentheater) ein Verzauberungsmittel
für alle Menschen ist und ein kleine wenig Poesie in unsere Welt bringen kann.
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