Freitag, 23. Juni 2017

Ein großer Tag der Freude für mich
14-jährige Teenies und Hänsel&Gretel, wie geht das?
 
Ich spiele nun schon an die 15 Jahre Papiertheater. In all  diesen Jahren hatte ich nun schon wirklich Gäste jeder Altersstufe vor meinem Bühnchen. Anfänglich spielte ich zum großen Teil fast ausschließlich für erwachsenes Publikum. Ja selbst zu den Märchenstücken kamen in erster Linie Erwachsene, die mit großer Lust wieder in die Kindheit versetzt werden wollten.  Dabei bemerkte ich, dass sich Erwachsene sehr gerne in das Reich der Phantasie holen lassen und mit großer Freude z.B. den "Gestiefelten Kater" ansehen, oder beim "Mädchen mit den Schwefelhölzchen" verschämt weinen. Eine ältere Dame hat einmal nach einer Vorstellung der Herbergsuche "Jessasmariaundjosef" gerührt zu mir gesagt, dass dies jetzt für sie Weinachten im wahrsten Sinne des Wortes war. Eine ähnlich tolle Ansage habe ich oft nach dem LOHENGRIN FÜR EILIGE oder TANNHÄUSER KURZ UND GUT gehört: "Endlich habe ich den Lohengrin verstanden." oder "Danke für diese romantische Wagner-Inszenierung!".
 Danach durfte ich erste Erfahrungen mit kleinen Kindern im MÖP Figurentheater machen. Dies war neu für mich. Und ich habe sehr schnell den Kontakt zu diesen kleinen Zuschauern gefunden, in dem ich mich vor den Vorstellungen bereits mit ihnen "auf Augenhöhe" unterhalten habe und auch nach den Vorstellungen ihnen den Wunsch erfüllte, selbst mit den Figuren zu spielen. Das ist ja überhaupt das schönste und wichtigste für die Kinder (von 4 bis 100!).
Der Workshop "Von der Schuhschachtel zum Papiertheater" brachte mich sehr rasch mit den 10 - 11 Jährigen in Kontakt. Und ich entdeckte, dass trotz aller Fernseh- und Videopraxis die Phantasie noch immer ansprechbar ist und diese kleinen Workshopteilnehmer durch das Bauen der Bühne und der Figuren, beim anschließenden spielen von HÄNSEL&GRETEL "voll in die Welt der Phantasie und des Rollenspiels" hineinkippen. Wie angenehm war dies für mich zu entdecken.
Als ich einmal eingeladen wurde für eine Gruppe von 17-jährigen Gymnasiasten den FAUST IN KÜRZE zu spielen, war ich das erste  Mal skeptisch, ob diese jungen Menschen - an der Grenze zum Erwachsen werden - dieses "Papiertheater-Getue" vielleicht lächerlich finden, oder sogar (bestenfalls) bei der Vorstellung einschlafen. Nichts von all dem ist passiert. 15 Siebzehnjährige sind voll mitgegangen, haben sogar da und dort mitgesummt und haben auch meine kleinen "Augenzwinkereien" verstanden und mit Lachen honoriert. Die Backstageführung dauerte nach dieser Vorstellung ca 1 Stunde. Beim Weggehen wurde ich mit den Worten "Das ist voll cool, was Sie da machen!" .
Nun spiele ich ziemlich genau ein Jahr mit meiner Bauchladenbühne heitere Stegreif-Versionen der Märchen "Hänsel&Gretel", "Rotkäppchen", "Schneewittchen" und "Dornröschen". Hier reichte das Publikum von 200 Erwachsenen anlässlich der Eröffnung der Papiertheater-Ausstellung im Österr.Theatermuseum bis zum Kindergeburtstag vor 4-Jährigen. Ich hatte immer glückliche Menschen vor mir!
Vor ein paar Tagen war ich wieder einmal skeptisch (wie damals bei den 17-Jährigen!), als ich kurz vor der Vorstellung erfuhr, "Es ist eine Klasse mit 14-Jährigen und die Buben können schon ein bisschen unruhig sein!". Ich bin aber voll Zuversicht an die Sache herangegangen. Der Vorteil des Stegreif-Spiels ist natürlich die Flexibilität mit Unvorhergesehenen umzugehen und spontan auf Reaktionen des Publikums einzugehen. Diese Form des Spiels erlaubt auch einen ständigen direkten Kontakt zu den Gästen zu halten. Die Darstellung des Vaters in Hänsel&Gretel als Gelegenheitsarbeiter, der täglich beim Baumarkt darauf warten muss von vorbeikommenden Menschen für eine Hilfsarbeit engagiert zu werden, erweckt auch bei jungen Menschen Kenntnis und allenfalls Verständnis für die Situation dieser Familie. Das Besprechen eines allfälligen "Ablaufdatums" des Lebkuchenhauses bringt dieses in das Verständnis der heutigen Zeit. Als die Hexe sich dann nach den Lieblingsspeisen der Kinder (Zuschauer) erkundigt, bin ich voll im Dialog mit dem Publikum. Dabei erfahre ich, dass Nu..lla-Palatschinken, Schnitzel, Gulasch, Schokokuchen und Grießnockerlsuppe zu den Lieblingsspeisen der Kinder zählt!
Kurz: Es ist mir das Kunststück gelungen 3 Klassen 14-Jähriger abzuholen und zu mir in das Reich der Phantasie und des Spiels zu bringen. Der Applaus dieses jungen Publikums war für mich der größte Lohn und das schönste Geschenk. Vielleicht ist es mir auch gelungen, dass der eine oder andere ein Zipfelchen  dieser Phantasie mitnehmen konnte.
Der Tag, an dem mir dieses Kunststück gelungen ist, wird  für lange Zeit in meiner Erinnerung bleiben. Seit dem weiß ich, dass Papiertheater (Figurentheater) ein Verzauberungsmittel für alle Menschen ist und ein kleine wenig Poesie in unsere Welt bringen kann.

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