Dr.Herbert Zwiauer - eine Erinnerung
Vor etwa zwei Jahren wurde der bedeutende österreichische Papiertheatersammler Dr.Herbert Zwiauer "auf die ewige Papiertheaterbühne" abberufen. Ich habe damals versucht ein lebendiges Bild über diesen Mann zu skizzieren, der wesentlich dazu beigetragen hat, mich für das Thema Papiertheater zu interessieren.
Es begann vor etwa 25 Jahren. Zur Freude meiner damaligen Arbeitskollegen
erklärte ich mich bereit, nach der Idee einer
barocken Guckkastenbühne, Ähnliches als Geburtstagsgeschenk für unseren Chef
herzustellen und auf die Gesichter der Figuren die Fotografien all unserer
Kollegen zu montieren. Zu meiner großen
Überraschung erhielt ich vom Mann einer Kollegin Kopien der Figuren und
Kulissen des Stückes “Die Großherzogin
von Geroldstein“. Dieser Mann war Dr. Herbert Zwiauer. Er legte damit den
Grundstein für mein Papiertheaterinteresse.
Wer das Zwiauer’sche Zauberreich einmal besuchen durfte, weiß, dass in der Sammlung von Dr. Herbert Zwiauer wahrscheinlich nichts fehlt, was dem Thema Papiertheater zuzuordnen ist. Die Akribische Ordnung und genau archivierte und katalogisierte Sammelstücke ermöglichten es, dass der Herrscher über diese Sammlung alles auf den ersten Griff fand. „Ich habe fast alle meine Figuren und Kulissen ausgearbeitet, man könnte eigentlich sofort damit eine Aufführung beginnen“, meinte der stets bescheidene Sammler einmal zu mir. Selbst inszenierte Dr. Zwiauer mit den vielen Bühnen und Dekorationen aber nie, obwohl er viele berühmte Theatermonologe und Balladen auswendig zu rezitieren wußte. Es war die wissenschaftliche Arbeit mit dem Thema Papiertheater, die Dr. Zwiauer faszinierte. Sein hohes Wissen hat er in dem Buch Papiertheater, Bühnenwelt en Miniature, Wien 1987, als Standardwerk für die Nachwelt festgehalten. Einmal erzählte er mir und kam dabei ins Schwärmen: „Ich bin mit den meisten Sammlern in Europa in Kontakt und wir tauschen auch heute noch fleißig aus. Die schönsten Momente waren für mich, in Preetz wieder einmal alle diese Freunde zu begrüßen zu dürfen!“. Und immer wenn einer dieser Sammler nach Wien kam, besuchte man ihn, holte sich Rat und tauschte sich aus.
Engelsgeduld brachte seine große Liebe, die nun
schon seit vielen Jahren verstorbene, Frau Ulla auf. Sie unterstütze ihren Mann
bei seiner Sammlertätigkeit mit all ihrer Kraft. Auch als Herbert Zwiauer im Jahre 1985 seine
Leihgaben für die große Papiertheaterausstellung im Wiener Volkskundemuseum
vorbereitet. „In diesen Tagen war die
ganze Wohnung Bühne!“ erzählte der alte Herr ganz gern. Bei dieser Ausstellung wurde
das Stück aus seiner Sammlung „In 80 Tagen um die Welt“ als Multimediaschau
aufgeführt , wobei der Fotograf die Szene ausschließlich mit Kerzenlicht
beleuchtete, „dessen Folgen man leider heute noch schmerzlich bemerkt“ erinnerte
sich dabei mein Papiertheatermentor schmerzlich.
Im Hause Zwiauer war es alle Jahre zur
Weihnachtszeit unverrückbare Tradition, im kleinen Wohnzimmer in der Josefstadt
unter dem Weihnachtsbaum einen Krippenberg aufzubauen, auf dem die schönsten
Stücke aus der Zwiauer‘schen Sammlung zu einer großen Weihnachtspapierkrippe
aufgestellt wurden, um davor von den Kindheitstagen zu träumen. Kindheitstage,
die dann jäh von den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs beendet wurden. Herbert
Zwiauer wurde zu den Waffen gerufen und wurde schließlich Panzeroffizier.
Nach dem Kriegsende
studierte Herbert Zwiauer Anthropologie. Als wissenschaftlcher Assistent
führten ihn seine Forschungen
schließlich nach Amerika. Dr.Zwiauer erzählte mir einmal, daß er sich
leidenschaftlich mit den urgeschichtlichen Entwicklungen der Inuit
auseinandersetzte.
Unglückliche Umstände führten dazu, daß er seine
Studien in den USA abbrechen und nach Österreich zurückkehren mußte. Da mit dem
„Orchideenstudium“ Anthropologie offenbar schwer eine Anstellung zu finden war,
entschloß sich Herbert Zwiauer eine ihm angebotene Offizierslaufbahn beim
Österreichischen Bundesheer anzunehmen, welche er als Oberst ehrenvoll
beendete.
Daß seit 2002 die Papiertheaterleidenschaft in mein Leben
eingezogen ist und mir und durch mich vielen, vielen Menschen unbeschwerte Freude
und viele schönen Stunden geschenkt wurden, verdanke ich zum großen Teil Herbert Zwiauer. Er war es, der durch sein Tun die
Initialzündung bei mir ausgelöst hat und er war es, der mir den Weg zu Pollock in
London und zu Dirk Reimers in Preetz gezeigt
hat und er war es der mir das Papiertheaterforum vorgestellt hat. Wie reizvoll
und wertvoll war es, wenn wir im Kaffehaus – wo denn sonst in Wien! – über neue
Pläne gesprochen haben und ich von diesem interessanten Mann historisches
Wissen geschenkt bekam. Wie sehr freute
es ihn, wenn ich ihm von den Momenten erzähle, in denen ich die Idee des
Papiertheaters an junge Menschen weitergeben konnte und die das dann auch
aufgegriffen haben.
Als kleines Dankeschön an den Dr.Zwiauer baute ich eine allerkleinste Papiertheaterbühne mit einer Szene aus der Puppenfee. Mittendrin stellte ich eine Figur mit dem Porträt des Verstorbenen.
Mit der Erlaubnis seiner Hinterbliebenen durfte dieses Bühnchen auf seine ewige Reise mitgegeben werden.
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