Dienstag, 11. März 2014

Ein Papiertheater für Sylvia Geszty


Der 80. Geburtstag von Kammersängerin Sylvia Geszty
und das Papiertheater


Mit ist die Ehre widerfahren, zum Geburtstag von Sylvia Geszty eingeladen worden zu sein. Am 1. März 2014 versammelte die weltberühmte KÖNIGIN DER KOLORATUR Familie, Freunde und Schüler in Stuttgart um sich und feierte in diesem sehr familiären Kreis ihren 80. Geburtstag. 

Obwohl das Geburtstagskind gebeten hatte, keine Geschenke zu bringen, wollte ich unbedingt ein kleines Papiertheaterbühnchen mit der Szenerie der KÖNIGIN DER NACHT bauen. Sylvia Geszty war ja DIE KÖNIGIN DER NACHT  und  wurde mit dieser Rolle weltberühmt. Das kleine Bühnchen sollte bei ihr zu Hause eine Erinnerung an diese Glanzzeit sein.

Vorbereitung


Ist die Wohnung noch so groß, man hat immer zu wenig Platz. Daher war die erste Forderung, das Bühnchen muß sehr klein sein. Die Szenerie mußte beleuchtbar sein, also war eine einfache elektrische Einrichtung vorzusehen. Die Königin der Nacht mußt so attraktiv sein, um dem strengen Blick der Künstlerin standhalten zu können.

Die Suche nach der Königin der Nacht


Ich selbst habe in meinen Beständen ein  komplettes Set für die ZAUBERFLÖTE. So dachte ich, alles sehr einfach zu haben. Aber nein, die abgebildete KÖNIGIN wurde von meiner Frau verworfen. „Nicht elegant genug!“ hieß es.  Also ging ich auf die Suche bei Sammlern und Händlern. Letzten Endes wurde ich dann doch wieder bei mir zu Hause fündig. Bei der traumhaft schönen Trentsentsky-Figuren für das CONVERSATIONS-STÜCK war eine Figur, die ich sehr leicht zu einer Königin der nacht umarbeiten konnte. Der berühmte Sternenhimmel von Schinkel war bei der Zauberflöten-Ausstattung. Das Vaterland war also gerettet. Ich konnte mit der Arbeit beginnen.

So entstand  die Königin


Aus dem Kopfschmuck machte ich eine Krone und anstelle des züchtig hochgeschlossenen Kleides zeichnete ich einen schönen Ausschnitt. Die neue Figur stellte ich auf eine Mondsichel.

Die Bühne


Um die Figur der Königin baute ich die Bühne. Es sollte der Sternenhimmel aber auch die Königin beleuchtet werden können. Ich brachte also an der Rückwand  und an der Decke der Bühne LED-Streifen an, die ich mit einer 9-V Batterie betrieb und einen Ein-Ausschalter montiert, so daß man bequem das Licht ein und ausschalten kann. Den Sternenhimmel  spannte ich auf eine Kunststoffplatte und setzte ihn vor das hinter Licht. Zugleich versteckt der Sternenhimmel die Batteriehalterung.

Damit das Ganze auch „ein Gesicht bekommt“, überzog ich die Ränder des Proszeniums im ersten Schritt mit einem Goldpapier. Erst danach begann ich das Proszenium aufzukleben und die Außenseite des Bühnchens zu tapezieren.









 Die Figur und die Seitencoulissen klebte ich auf 1,5 mm Sperrholz. Und konnte nach Fertigstellung der Bühne alles sehr leicht mit Holzleim befestigen.


Die Überraschung ist gelungen


Im Laufe des Abends fand sich dann ein geeigneter Zeitpunkt, zu welchem ich dieses kleine Papiertheater der „großen Königin der Nacht“ überreichen konnte. Sylvia Geszty hatte so große Freude, daß sie dieses kleine Bühnchen sofort all ihren Gästen zeigte.

Sonntag, 9. März 2014

DER KASPERL IM PAPIERTHEATER

Eine Provokation für Papiertheaterliebhaber oder eine sinnvolle Weiterentwicklung?

Eingangs muß ich gestehen, es überhaupt nicht zu wissen, ob es bei den sogenannten klassischen Papiertheaterbögen auch eine Kasperl-, Kasper-, Hans  Wurst-, Pulcinella- oder ähnliche Figuren gegeben hat. Ich bin nicht enmal ansatzweise Papiertheatersammler  und verfüge daher auch nicht über die Kenntnis, ob die  Figur des Kasperl Eingang in den Papiertheaterkanon gefunden hat oder nicht.

Jedenfalls weiß ich aber, daß eine sogenannte LUSTIGE FIGUR eingang in das FAUST-Drama des Christopher Marlowe gefunden hat, als man anläßlich dessen Aufführung zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Graz einen Schauspieler suchte, der die Zuschauer in deutscher Sprache durch das sonst in englische gespielten Stück begleiten sollte. Diese LUSTIGE FIGUR wurde letztlich auch in das sogenannte  Volksbuch DER WELTBERÜHMTE DER DOKTOR FAUST aufgenommen, welches von Puppenspielern bis heute verwendet wird.

Da ich mich im weitesten  Sin als Figurenspieler sehe, sind für mich die Grenzen auch viel weiter gesteckt, als für jene Papiertheaterspieler, die sich dem sogenannten "Klassischen Papiertheater" verpflichtet fühlen. Ich habe daher auch keinerlei Scheu vor Innovationen im Spiel auf meinem Bühnchen und ich habe auch vor - ähnlich dem Vorbild des KÖLNER KÄSTECHENTREFFENS - die Darstellungsformen und Spielinhalte ähnlich weit zu fassen.

Papiertheater im Puppentheater

Seit Jahren habe ich die Ehre, als sogenannte Gastbühne im MÖP-Figurentheater, in Mödling bei Wien, mit meinem Bühnchen auftreten zu dürfen. Es wird dort die Kultur des Figurentheaters in seiner vielfältigsten Form gepflegt: von der offenen Spielweise über Objekttheater, Handpuppen, bis zum Papiertheater. Ich habe dort - vor dem Publikum zwischen 5 und 9 Jahren schon meine "Papiertheater-Opern" ebenso gespielt, wie meine Papiertheater-Märchen und Weihnachtsstücke.
Jedesmal aber fragten die Kinder, OB HEUTE AUCH DER KASPERL komme. Bringen die Eltern oder Großeltern die Kinder doch ins KASPERLTHEATER. Es mußten dann immer Erklärungen herhalten, wie :"Der Kasperl hat heute Urlaub" oder "Der Kasperl hat eine schmutzige Hose und kann heute nicht spielen".

Martin Müller vom MÖP spielt seit dem letzten Jahr das Märchen vom NUSSKNACKER - im Papiertheater(!). Ich habe für das MÖP dafür sämtliche Figuren und Bühnenbilder gezeichnet. Bei dem sehr zahlreichen Personal es auch den (sehr schönen) MÖP-Kasperl. So bekam ich die Idee, diese Figur in einem meiner Märchen einzusetzen. Mit Genehmigung des MÖP spielt seit dem 7.3.14 der Kasperl eine kurze Rolle in meinem Stück DER GESTIEFELTE KATER.

Die Figur muss ein Kunststück können

Die Figur des Kasperl ist immer ein Tausendsassa, die sehr frech und respektlos mit allen Problemen des Lebens fertig wird. Ja es gibt sogar ein Wienerlied mit dem vielsagendem Titel DEN KASPERL KANN KANER DERSCHLOGN. Es bestand also die Herausforderung für mich, einer statischen Papiertheaterfigur durch eine Bewegungsmöglichkeit Leben zu verleihen. Bei dieser ersten Version des Kaperls kann ich ich durch einen einfachen Seilzug und einer Feder den Kopf des Kasperls sehr rasch hin- und herwenden. Damit erhält die Figur eine grotteske Beweglichkeit, die nicht real ist.


Der kurze Auftritt bringt den gewünschten Erfolg


Die von mir - für die Bedürfnisse des Papiertheater - erfundene Stegreifhandlung DES GESTIEFELTEN KATER  läßt den KATER nach erfolgreicher Rebhuhnjagd im Wald den Haushofmeister  des Königs treffen, um diesen zu bitten, die Rebhühner mit den besten Grüßen seines Herren, des Graf von Carabas dem König bringen zu wollen. Nach vielen Versuchen, dem - mit ausländischem Akzent sprechenden - Haushofmeister den Namen Graf von Carabas  bei zubringen, wird diese "Bestechung" endlich zum König gebracht.

Genau diese Szene habe ich gewählt und habe anstelle des Haushofmeisters die Figur des Kasperl gestellt. Hier kann ich - sehr zum Gaudium des sehr jugen Publikums - alles Kasper-Möglichkeiten ausprobieren, welche die Kinder vom Kasperltheater kennen.

 
 Es ist mein Prinzip bei allen Stücken, in jedem Bild irgend eine Bewegung in die vornehme Papiertheaterstatik zu birngen. Der Erfolg, den ich bei den ersten beiden Vorstellungen nach dem ROLLENDEBUT des KASPERL hatte, hat mir Recht gegeben. Es gibt einen Dialog zwischen den Figuren und dem Publikum. Das kleine Publikum (aber auch das große) wird dadurch aus der Passivität geholt. Ich bin überzeugt, daß es mir auf diese Weise gelingen wird bei den kleinen Zuschauern einen ANKER gesetzt zu haben. Einen Erinnerungsanker für das PAPIERTHEATER.